Steuergewerkschaft weist Kritik an Online-Portal zu Steuervergehen scharf zurück

Auch Baerbock stellt sich hinter Vorgehen gegen Betrug am Staat

Die Deutsche Steuergewerkschaft (DstG) hat sich hinter das in Baden-Württemberg eingerichtete Online-Portal für die Meldung von Steuervergehen gestellt und polemische Kritik daran scharf verurteilt. Anonyme Anzeigen gebe es, seit es Finanzämter gibt, sagte der DStG-Vorsitzende Thomas Eigenthaler dem  "Handelsblatt". Das Portal in Baden-Württemberg sei "eher eine Verbesserung", denn die Steuerverwaltung dort könne nun durch gezielte Rückfragen den "Anzeigenschrott" von "werthaltigen Hinweisen" trennen.

Zu Vorwürfen in sozialen Netzwerken gegen das neue Portal, in denen von "Denunziantentum", "Stasi-Methoden" und "DDR-Mentalität" die Rede war, sagte Eigenthaler, dies sei "für die Steuerverwaltung ehrabschneidend". "Steuerbeamte sind keine Stümper", betonte der DStG-Vorsitzende. "Sie können schnell erkennen, ob nur denunziert werde oder ob man einer Steuerhinterziehung gezielt nachgehen muss." Die Verwaltung sei nicht an "kleinlichen Nachbarschaftskonflikten" interessiert, sondern hoffe, mit dem Portal "dicke Fische" zu fangen.

Schwere Steuerhinterziehung werde mit Gefängnis bis zu zehn Jahren bestraft, betonte Eigenthaler. Der Staat müsse diese Straftaten so gut wie möglich aufklären. Möglicherweise bekomme man über das Portal auch noch Hinweise auf andere Straftaten im Bereich organisierter Kriminalität wie zum Beispiel Geldwäsche, Urkundenfälschung oder Hehlerei.

Auch Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hatte sich zuvor hinter das von dem baden-württembergischen Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) eingerichtete Melde-Portal gestellt. Es gehe darum, "dass wir in Deutschland ein dickes Problem haben, dass nämlich diejenigen, die viele Steuern bezahlen, in manchen Bereichen Steuertricks genutzt haben", sagte Baerbock am Mittwochabend im Sender Pro7. Dies sei "staatliches Geld, das wir eigentlich für Schulen und Kitas bräuchten".

"Wir müssen Orte schaffen, wo man melden kann, wenn man weiß, dass es zu Steuerbetrug kommt", sagte Baerbock dazu weiter. "Das wird jetzt in Baden-Württemberg gemacht." Sie warf Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz in diesem Zusammenhang Versäumnisse im Kampf gegen Steuerbetrug vor und verlangte von der nächsten Bundesregierung, selbst wie in Baden-Württemberg aktiv zu werden. Eigenthaler verwies mit Blick darauf allerdings auf die Zuständigkeit der Länder.

Zu den Vorwürfen von "Stasi-Methoden" sagte Baerbock, durch solche Begriffe würden all jene "verhöhnt", die vor gut 30 Jahren "in einer Diktatur gelebt" und dagegen "auf die Straße gegangen" seien. Von "Denunziation" oder "Denunziantentum" hatten in Verbindung mit dem Portal in Baden-Württemberg in der "Bild"-Zeitung auch der SPD-Finanzexperte Lothar Binding und Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß gesprochen.

"Uns sollte klar sein, dass Steuerbetrug jährlich einen Milliardenschaden am Gemeinwohl anrichtet", erklärte der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold. "Das Geld fehlt für Bildung, Infrastruktur, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit." Umso wichtiger sei ein effektiver Schutz von Whistleblowern, durch deren oft anonyme Hinweise bereits viele Steuerskandale aufgedeckt worden seien.